Ich erinnere mich noch gut daran, wie es war, als ich in einem Büro mit mehreren anderen zusammen gearbeitet habe. Ständig kam jemand rein, um “nur schnell eine Frage” zu stellen oder weil man „mal fix Hallo“ sagen wollte. Plötzlich war ich aus meiner Aufgabe rausgerissen, mein Fokus dahin. Als diese “schnelle Frage” Minuten später beantwortet war, wusste ich nicht mehr, was ich zuletzt getan habe und musste erst einmal wieder reinkommen. Am Ende des Tages hatte ich immer das Gefühl, noch nicht fertig zu sein oder war mit dem Ergebnis nie wirklich zufrieden.
Als wir 2020 ins HomeOffice gewechselt haben, sah es ganz anders aus. Alles was ich tun musste, war, Teams stumm zu schalten, um fokussiert an meinen Aufgaben arbeiten zu können. Ohne unerwartete Unterbrechungen! Plötzlich waren meine Aufgaben bereits zur Mittagspause erledigt und ich konnte den Nachmittag damit verbringen, meine Kollegen zu unterstützen. Kurzum: Ich habe es geliebt!
Die Illusion des Multitaskings
“Wer Multitasking beherrscht, ist einfach effizienter!”, “Du musst flexibel sein, um alles zu schaffen”, “Mehrere Dinge parallel zu machen ist die Superpower von Frauen”,..
Sicherlich hast du Aussagen wie diese auch bereits gehört (oder sogar selbst ausgesprochen). Ich selbst gehöre dazu, bereits von Kind an wurde mir beigebracht, dass Multitasking anzustreben ist und wer es nicht beherrscht, es später im Arbeitsleben mal schwer hat. Es wird in unserer heutigen Arbeitswelt als ultimative Fähigkeit angesehen, ohne die man nicht produktiv arbeiten kann. Denn wer mehrere Aufgaben gleichzeitig jongliert, schafft mehr.
Doch ist das wirklich der Fall?
In der Realität sieht das oft anders aus. Multitasking sorgt dafür, dass wir unsere Aufgaben irgendwie, aber nicht richtig erledigen, weniger gründlich arbeiten. Wenn wir uns hingegen auf eine Aufgabe konzentrieren und uns nicht ablenken lassen, sind wir nicht nur schneller fertig, sondern auch mit einem besseren Ergebnis.
Das Buch “The One Thing” von Gary Keller zeigt dieses Phänomen auf und geht darauf ein, wie kontraproduktiv Multitasking sein kann und wie das Fokussieren auf nur eine Aufgabe langfristig bessere Ergebnisse erzielt. Also eine absolute Empfehlung, wenn du noch mehr zu dem Thema wissen möchtest!
Der Mythos Multitasking: Warum es selten wirklich funktioniert
Wusstest du, dass der Begriff “Multitasking” ursprünglich aus der Computerwelt stammt? Es bezog sich also nicht auf uns Menschen. Und noch wichtiger: Auch wenn wir Multitasking heute damit assoziieren, dass mehrere Aufgaben gleichzeitig gemacht werden, ist das vollkommen falsch. Selbst die Computer arbeiteten die Aufgaben nicht parallel ab, sondern wechselten zwischen ihnen hin und her. Auch, wenn das unglaublich schnell geschah. Doch zu keiner Zeit wurden – wie wir oft glauben – die zur Verfügung stehenden Ressourcen (aka unsere Konzentration) verteilt. Der Fokus lag immer auf einer Aufgabe.
Zwar sind moderne Computer durchaus in der Lage, parallel zu arbeiten. Dazu benötigen sie aber mehrere Prozessoren, die man auch als Gehirne bezeichnen könnte. Nur dann können selbst die teuersten Computer echtes Multitasking betreiben.
Wir Menschen haben jedoch nur ein Gehirn. Dieses ist nicht dafür geschaffen, mehrere komplexe Aufgaben gleichzeitig zu verarbeiten. Sobald wir versuchen, uns auf mehr als eine Aufgabe zu konzentrieren, springt unser Gehirn zwischen diesen hin und her – ein Vorgang, der als „Task Switching“ bezeichnet wird.
Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber wenn ich ständig zwischen Aufgaben wechseln muss, brauche ich bedeutend länger, mache Fehler und alles nur oberflächlich. Auch meine Konzentration lässt schneller nach.
Alles Dinge, die ich vor allem jetzt, da ich selbständig bin, auf jeden Fall vermeiden möchte!
Die Folgen von Multitasking
Multitasking hinterlässt Spuren auf mehreren Ebenen:
- Stress und mentale Erschöpfung: Die ständigen Aufgabenwechsel sorgen für “Überstunden” im Gehirn, was zu mentaler Erschöpfung und Frustration führt. Besonders, wenn man sowieso schon anfällig für Ablenkungen ist, z.B. bei ADHS.
- Qualität statt Quantität: Wenn wir Multitasking betreiben, machen wir im Endeffekt unsere Aufgaben “nur nebenbei”. Dementsprechend leidet die Qualität im Vergleich, als wenn wir unsere volle Aufmerksamkeit auf eine Aufgabe konzentrieren.
- Gedankenchaos: Wir können uns nicht mehr auf das Wesentliche konzentrieren, da unsere Gedanken hin und her springen. Wir verlieren den Überblick und stehen ständig unter Strom.
Multitasking ist also in vielerlei Hinsicht ein Fluch, der uns langfristig auslaugt und uns die Freude an unserer Arbeit raubt. Der erste Schritt in Richtung Burnout.
Fokussiert und effektiv arbeiten
Anstatt unsere Energie auf viele Aufgaben zu verteilen, sollten wir uns auf eine zentrale Aufgabe konzentrieren, die den größten Unterschied macht. Es kann sogar vorkommen, dass diese eine Aufgabe andere Aufgaben leichter oder gar unnötig macht! Dadurch arbeiten wir effizienter und können echte Fortschritte machen. Kernfragen der “One Thing”-Methode sind:
- Was ist die eine Sache, die heute den größten Unterschied macht?
- Wie kann ich diese Aufgabe ohne Ablenkung angehen?
So setzen wir echte Prioritäten und verlieren uns nicht in unnötigen To-Dos.
Die Vorteile des Fokussierens auf nur eine Aufgabe
Das Fokussieren auf nur eine Aufgabe bietet zahlreiche Vorteile:
- Tiefenarbeit (Deep Work): Wenn wir uns voll und ganz auf eine Aufgabe konzentrieren, sind wir in der Lage, tiefere und kreativere Lösungen zu entwickeln.
- Stressabbau und Balance: Fokussiertes Arbeiten senkt den Stresspegel. Wir vermeiden die Hektik, die mit Multitasking einhergeht
- Zeitgewinn und Effizienz: Statt viele Aufgaben anzufangen und nicht abzuschließen, können wir eine Aufgabe nach der anderen wirklich „abhaken“ und gewinnen so mehr Klarheit und das Gefühl, was geleistet zu haben.
Strategien für den Alltag: Wie du Multitasking vermeidest
Sich das Multitasking abzugewöhnen und auf fokussiertes Arbeiten zu wechseln, ist nicht immer leicht, aber es lohnt sich. Es erfordert ein Umdenken. diese Strategien können dir dabei helfen:
- Setze klare Prioritäten: Stelle dir die Frage: „Was ist die eine Aufgabe, die alles andere leichter oder unnötig macht?“ So erkennst du echte Prioritäten. Mit der Zeit fällt dir die Beantwortung immer leichter.
- Blockzeiten und Fokus-Phasen einrichten: Plane dir feste Zeiten für konzentriertes Arbeiten ein, in denen du alle anderen Ablenkungen ausschaltest.
- Störungen und Ablenkungen reduzieren: Optimiere dein Arbeitsumfeld, schalte Benachrichtigungen aus und informiere andere, dass du ungestört arbeiten möchtest.
- Regelmäßige Reflexion: Führe wöchentliche Selbstüberprüfungen durch, um festzustellen, ob du in alte Muster zurück fällst. So stellst du sicher, dass dein Fokus langfristig aufrecht bleibt.
- Gib dir Zeit: Das Umgewöhnen von Angewohnheiten dauert Zeit, im Schnitt etwa 66 Tage. Darum sind regelmäßige Reflexionen so wichtig. Sei nicht frustriert mit dir, wenn du dich erst einmal daran gewöhnen musst!
Fazit: Multitasking als Fluch oder Segen? Der Wert fokussierter Arbeit
Auch wenn Multitasking auf den ersten Blick ein wertvolles Werkzeug ist, um mehr zu schaffen – auf lange Sicht bedeutet es nur Stress und schlechtere Ergebnisse. Was besonders in der Selbständigkeit große Folgen haben kann!
Stattdessen sollte man den Fokus auf eine Sache legen und bewusst an dieser arbeiten. So arbeiten wir nicht nur effizienter, wir sind auch zufriedener mit den Ergebnissen und behalten den Überblick.